Ökumenische FC-Andacht feiert kölsches Doppeljubiläum im Dom

Mit Schnaps- und jecke Zahlen haben es Kölnerinnen und Kölner. So geriet der ökumenische Wortgottesdienst für Fußballfreunde im Kölner Dom in diesem August zu einem ganz besonderen. Denn die 11. Auflage der „FC-Andacht“, schon ein kölsches Jubiläum für sich, stand ganz im Zeichen eines Doppeljubiläums: Auf den Tag genau vor 777 Jahren wurde der Grundstein für den Kölner Dom gelegt. Und 2025 besteht der 1. FC Köln 77 Jahre. Beiden wurde mehrfach gratuliert – und insbesondere in den zwei Predigten auch das gefeiert, was beide verbindet.

Überraschungen zum Saisonstart

Zum Start in die neue Fußball-Bundesliga-Saison baten über 4000, weitgehend mit Trikot und Schal ausgestattete, Besuchende Gott um seinen Segen für einen guten Verlauf. Sie beteten für alle Vereine in allen Ligen, für einen fairen Umgang zwischen allen Spielern, Mannschaften, Schiedsrichtern und Fans. Soweit wie gewohnt. Darüber hinaus hielt die Andacht mit Dom- und Stadtdechant Msgr. Robert Kleine und Stadtsuperintendent Bernhard Seiger zum historischen Datum mehrere Überraschungen bereit.

Prominente Stimmen bei den Fürbitten

Wann sonst tragen FC-Legende und Weltmeister Pierre „Litti“ Littbarski, Stadionsprecher Michael Trippel oder die FC-Geschäftsführer Philipp Liesenfeld und Philipp Türoff im Altarraum Fürbitten vor? Stellvertretend bat Trippel mit seiner markanten Stimme um ein gutes Auge für Schiedsrichter sowie Verantwortliche der Vereine, des DFB und in den Ligen bei ihren Entscheidungen: „Schenke ihnen den Geist der Klugheit.“

Bläck Fööss im Dom

Und wann sonst präsentiert die vor 55 Jahren gegründete Kölner Band Bläck Fööss im Dom drei ihrer Stücke – und damit ein viertes kölsches Jubiläum? Neben dem Klassiker „En unsrem Veedel“ führte sie zwei neue Lieder auf: Mit „Dreimol Sibbe“ eine weitere Hommage an die nun „erwachsene“, am Himmel kratzende Kathedrale sowie mit „D´r zwölfte Mann“ eine Würdigung leidenschaftlichen Fan-Daseins schlechthin.

Wie die FC-Andacht begann

Als Kleine 2012 als Geistlicher an den Dom kam, erinnerte der gebürtige Neusser in seiner auch humorvollen Begrüßung, wusste er schon lange, dass es genau drei große Marken gibt, die deutschland- und weltweit mit Köln verbunden werden: der Dom, der Karneval, der 1. FC Köln. Zwar habe es damals einen Dom-Gottesdienst mit Kölner Karnevalisten zur Sessionseröffnung gegeben. Aber keinen mit Kölner Fußball-Fans zur Eröffnung der Bundesliga-Saison. „Da haben wir Abhilfe geschaffen. Seither feiern der evangelische Stadtsuperintendent und der katholische Stadtdechant in bestem ökumenischem Einvernehmen diesen Gottesdienst.“

Dom und FC: eine enge Verbindung

Der Kölner Dom und der FC seien seit dessen Gründung eng verbunden, so Kleine. Nicht zuletzt durch den Dom im Logo des Vereins. Zudem stehe in der Geißbock-Loge des Clubs im RheinEnergie-Stadion seit einigen Jahren eine vor über hundert Jahren in der Dombauhütte geschaffene Fiale unseres Doms. Und vor jedem Spiel des FC gebe es nicht wenige Fans, die hier im Dom mit einer Kerze ihrem Wunsch und ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, der FC möge siegen oder mindestens nicht verlieren. „In dieser Saison sind wieder beide erstklassig, der Dom und der FC.“ Die zwei jecken Jubiläen müsse man in Köln einfach zusammen feiern.

Spende und Domsymbole im Trikot

„Als der Dom 1880 vollendet wurde, war das auch das Verdienst des Zentral-Dombau-Vereins (ZDV), der 1842 gegründet wurde“, stellte Kleine heraus. Dieser akquiriere bis heute erhebliche Finanzmittel für die Erhaltung des Doms. Er freute sich sehr, dass der 1. FC Köln der Kathedrale zum Jubiläum sein neues, schwarz-goldenes Ausweichtrikot mit ornamental eingewebten Domsymbolen gewidmet und einen entsprechenden Jubiläumsschal gestaltet habe. Zudem unterstütze der Club den ZDV mit einer großzügigen Spende und lade alle zur Mitgliedschaft im ZDV ein. Tatsächlich vermeldete dessen Präsidentin Prof. Dr. Barbara Schock-Werner bereits drei Tage später schon 150 neue Mitglieder.

Parallelen zwischen Kirche und Fußball

In ihren Predigten zogen Kleine und Seiger unter anderem Parallelen zwischen dem Dom und dem 1. FC Köln, zwischen Kirche/Religion und Sport. Man habe vor 777 Jahren diesen Dombau begonnen, um ein bisschen Himmel auf die Erde zu bringen, erklärte Kleine. Im letzten Buch der Bibel heiße es: „Der Himmel ist wie eine Stadt, die himmlische Stadt Jerusalem.“ Paulus habe in seinem Brief an die Gemeinde in Ephesus mitgeteilt: „Ihr seid nicht mehr Fremde, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes.“ Damit habe er uns sagen wollen: „Wir sind eine große Gemeinschaft in der Kirche mit allen, die glauben. Wir sind aber auch eine große Gemeinschaft als Menschheitsfamilie, und wir dürfen uns in diesem Gotteshaus geborgen fühlen.“

Fundament, Werte und „lebendige Steine“

„Ihr seid auf das Fundament der Apostel gebaut; der Eckstein ist Jesus Christus selbst“, habe Paulus geschrieben. Kleine erläuterte, dass die zwölf Heiligenfiguren an den Binnenchor-Säulen die zwölf Apostel darstellten. „Außerdem Maria und Jesus selbst. Es sind quasi Jesus und seine Mannschaft.“ Er bilde das Fundament, auf dem wir als katholische, als evangelische, als christliche Kirche stünden. „Diese zwölf Männer der ersten Stunde sind unser Fundament. Wir stehen immer auf dem Fundament, das andere gelegt haben.“

Natürlich stehe auch unser FC mit seiner Historie auf einem vor uns errichteten Fundament. 1948 sei der Grundstein zum 1. FC Köln gelegt worden. Als weiteres Fundament nannte Kleine neben den Gründervätern und konkreten Menschen seiner Vereinsgeschichte „die Werte, für die der FC, der Fußball und eigentlich jeder Mannschaftssport steht: Gemeinschaft, Teamgeist, Begeisterung, Fairness, Rücksicht“. Ohne dieses Fundament würde alles irgendwie ins Rutschen geraten.

Es gebe in der Gotik ebenso stabilisierende Schlusssteine, zeigte Kleine nach oben. Löse man diese heraus, bestehe die Gefahr, dass alles zusammenbreche. „Durch Jesus Christus wird der ganze Bau zusammengehalten“, so Kleine anschaulich. „Mit anderen Worten: Was wäre der Glaube, wenn wir in der Kirche alles Mögliche machen würden, aber Gott keine Rolle spielt?!“ Ein lebendiger Gott.

Deshalb sei wichtig, dass das Fundament immer auch weitergebaut werde. Von Menschen als „lebendigen Steinen“. Nur lebendige Steine erfüllten diesen Dom, erbaut aus vielen toten Steinen, mit Leben. „Was wäre die Kirche, wenn es keine Gemeinde gibt? Wenn es keine Menschen gäbe, die sagen, wir gehören dazu? Dann wäre alles leer – und letzten Endes tot. Aber so ist es ja nicht. Auch das gilt nicht nur für den Dom.“

„Lebendige Steine“ des 1. FC Köln

„Was wäre der Club, wenn man sagt, der FC wird jetzt schon 77, aber er hat keine Mitglieder mehr. Was wäre ein Erstligaspiel des FC, wenn niemand zum Zuschauen und Jubeln kommt?“, stellte der Stadtdechant in den Raum. „Es würde die Seele des Clubs fehlen, wenn da nicht Menschen wären, die sagen: Ja, wir sind auch lebendige Steine dieses 1. FC Köln, wir stehen zusammen! Wir sorgen dafür, dass unser FC etwas Lebendiges ist, dass unser FC dynamisch in Bewegung bleibt, sich immer wieder erneuert und neu aufstellt.“

Begeisterung in Kirche und Sport

Das Haus des 1. FC Köln werde zusammengehalten durch das Gemeinschaftsgefühl, den Sportsgeist und die Begeisterung der Mitglieder. „Um Begeisterung geht es auch bei uns in der Kirche.“ In erster Linie gehe es natürlich um Gott und Christus, aber auch um die Begeisterung der Gläubigen. Dieser Dom stehe auch heute noch für Offenheit. „Jeder Mensch ist hier im Dom herzlich willkommen. Und das ist wieder eine Gemeinsamkeit mit dem 1. FC Köln!“, so Kleine.

Olympia als Brücke von Sport und Religion

„Was haben Religion und Sport miteinander zu tun?“ fragte der Stadtsuperintendent eingangs seiner Predigt. Die Antwort glaubt er vor Wochen im griechischen Olympia gefunden zu haben: „Ganz viel. Die Wurzeln liegen in der Antike.“ Aus dem ganzen Land sei man für Wochen zu den dortigen heiligen Spielen zusammengekommen. Auch die Athleten hätten sich zu Fuß auf den langen Pilgerweg gemacht, „der erst zu den kulturellen Feiern führte und dann zum Wettkampf“.

Man habe gewusst, „der Mensch lebt vom Segen der Götter, der Mensch freut sich an den körperlichen Fähigkeiten“ und an den sozusagen zu Ehren der Götter geführten Wettkämpfen. „So war das Leben eine Einheit: eben im Respekt vor dem Göttlichen, ein Wissen darum, dass der Mensch eben nicht der Mittelpunkt der Welt ist, und auf der anderen Seite Kampf und Fleiß für die bestmögliche Leistung. Ein Lebensmodell“, sagte Seiger.

Das sei doch auch die Begründung für unsere ökumenische Andacht: „Wir bitten Gott um seinen Segen für eine friedliche und erfolgreiche Saison. Wir bitten um Fairness auf und neben dem Platz und um Respekt gegenüber jedermann. Und wir danken Gott für unseren Leib, für unseren Körper und all seine sportlichen Möglichkeiten.“ Und dann gehe es ins Stadion. „Ganz nahe ist das an der Ursprungsidee von Olympia“, meinte Seiger. Wir Menschen lebten von dem, was vom Himmel komme und was wir vom Himmel erwarteten. „Und von dem, wo wir wissen, wir sind bedürftig und dem, was wir selber ins Werk setzen. Beides zusammen bildet die Einheit des Lebens.“

Einheit durch Mannschaft und Fans

„Wir feiern einen bemerkenswerten Fußballverein“, blickte Seiger auf große Erfolge und in den letzten Jahren schwankende Leistungen des FC, dessen hohe Mitgliederzahl und breite Anhängerschaft. Natürlich habe der FC die besten Fans, schmeichelte er.

Am Ende gehe es immer um die Mannschaft, stellte Seiger fest. Der Apostel Paulus schreibe im gerade gehörten Korintherbrief von der Gemeinschaft der Christen als einem Leib. Dieser habe viele Glieder und nur zusammen bildeten sie einen lebendigen, dynamischen Organismus. Jeder Einzelne, führte Seiger aus, habe seine unverzichtbare Rolle im Ganzen. „Das ist wie bei einer Fußballmannschaft.“ Beim Fußball könnten wir sehen, wie entscheidend das Zusammenspiel aller Mannschaftsteile sei. Wie entscheidend das Wissen um die individuellen Stärken der Akteure und um die Spielidee.

Es gehe um das Miteinander auch der Nationen, sagte Seiger. „Es kommt nicht darauf an, aus welchem Land jemand ist, sondern dass er dem Leib, dem Ganzen dient“, blickte er auf ein Paulus-Wort. „Im aktuellen FC-Kader sind zwölf Nationalitäten vertreten“, so Seiger: „Wie schön, dass das so ist!“ Natürlich gehöre zur Mannschaft der zwölfte Mann, die zwölfte Frau, gehörten die Fans. „Wie oft kommt es darauf an, an einen Sieg zu glauben.“ Dass die Fans nicht verzweifelten, sondern ihr Team ermutigten in jeder Situation. „Auch dazu wollen wir heute Mut machen. Dass immer gute und ermutigende Stimmung da ist, die sich nicht anstecken lässt von einem dummen Geist, sondern fröhlich und lebensfroh nach vorne das gemeinschaftliche Erfolgserlebnis sucht. Und all das, ohne in allem das Maß zu verlieren.“

Geißbock Hennes als Symbol

Im RheinEnergie-Stadion bilde heutzutage das Maskottchen das Heiligtum, so Seiger. Der Geißbock Hennes IX. sei natürlich ein heiliges Tier. Schon die Bibel kenne den Geißbock als ein religiöses Symbol. „Er wird natürlich nicht geopfert, hier in Köln, niemals. Er wird geehrt und hofiert und steht stellvertretend für die Hingabe zum Verein.“ Er verbinde alle, die mit dem FC hofften, auf Fahnen, Trikots und Schals. „Und so stiftet er Gemeinschaft.“

„Und so ist das heute hier eine Einheit. Im Haus Gottes spüren wir Respekt vor dem Göttlichen, wir merken, wir sind Menschen mit Maß, mit Grenze, mit Sehnsüchten und mit Hoffnungen, aber auch mit ganz Vielem, was uns geschenkt wird.“ Wir spürten hier den Respekt vor dem Schöpfer, den Begleiter unseres Lebens.

Höhepunkt mit der FC-Hymne

Vor dem Schlusssegen dankte Kleine für das Mitsingen und Mitbeten. „Ihr seid ein toller zwölfter Mann, eine tolle zwölfte Frau.“ An die Mannschaft, den Trainer und alle Verantwortlichen beim FC richtete er die Bitte, es in dieser Saison nicht so aufregend zu machen wie in der letzten. „Wir tragen fest ein: nächstes Jahr, 1. Spieltag, Heimspiel 1. Liga.“ Dank erfuhr auch Wolf-Rüdiger Spieler. Der Organist stimmte zum Höhepunkt und Abschluss die FC-Hymne an, bei der sich wohl viele zumindest ein wenig in die sehr emotionale Stadionatmosphäre hineinversetzt fühlten: Unter kräftigem Gesang wurden die Schals präsentiert und schließlich leidenschaftlich mitsamt der Fahnen geschwenkt.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich

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