„15 vor 12“ stieß auf große Resonanz: Aktion gegen Rassismus in Betrieben, Schulen und anderen Institutionen

„Rassismus ist nicht deren Problem. Er ist unser Problem’“, sagte Torsten Krall. „Im Diakonischen Werk hat eine Jura-Studentin mit migrantischen Wurzeln, die bei uns ein Praktikum absolviert, von ihren persönlichen Erfahrungen mit Rassismus erzählt. Das war bewegend und wir sind dankbar, dass dieses Projekt den Rahmen dafür schafft.“ Man müsse noch mehr Betroffene hören, so der Superintendent des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch. Und man müsse auf die Straße gehen und für die einstehen, die Rassismus erleben.

Anlass für den Bericht der Praktikantin war die Aktion „15 vor 12 für Menschenwürde“, zu der das Bündnis „Köln stellt sich quer“ aufgerufen hatte. Bei der Großdemo gegen die AfD auf der Deutzer Werft mit 70.000 Teilnehmern hatte man verabredet, an einem Arbeitstag eine Viertelstunde zu nutzen, um über Themen wie Rassismus und Menschenwürde zu sprechen. Nun wurde die Verabredung in die Tat umgesetzt. In zahlreichen Unternehmen wurde der alltägliche Betrieb um viertel vor Zwölf unterbrochen. Wie in der Diakonie. Aber nicht nur dort.

Am späten Nachmittag begannen Sternmärsche aus vielen Richtungen zur Abschlusskundgebung an der Bastei. Startpunkte waren St. Gereon, der Wilhelmplatz in Nippes, der Brüsseler Platz, der Harry-Blum-Platz im Rheinauhaufen und Kalk Post. Vor der Kirche St. Gereon berichtete Torsten Krall von der Diakonie.

Thomas Hoen, Betriebsratsvorsitzender der Deutz AG, erzählte, dass auch in seinem Unternehmen die Arbeit geruht hätte. 600 Kolleginnen und Kollegen hätten auf einer Rasenfläche den Schriftzug „Art. 1 GG“ dargestellt und damit auf die Unantastbarkeit der Würde des Menschen hingewiesen. Das sei mit Unterstützung der Geschäftsleitung geschehen. „Das machen wir jetzt immer so. Der Betriebsrat schlägt was vor und die Chefs stimmen zu“, sagte Hoen mit einem Augenzwinkern.

„Wenn du dich nicht um mich kümmerst, verlasse ich dich: deine Demokratie“

Alexander van der Mey ist Chef der Healex GmbH. Dort entwickelt man unter anderem Software für das Management von klinischen Studien. In dem Unternehmen seien zwei Drittel der Mitarbeitenden Migranten. „Ich weiß, wie viele unter ihrem Duldungsstatus gelitten haben. Die zahlen Steuern und sorgen dafür, dass das Land funktioniert“, erklärte van der Mey. „Ich bin übrigens auch Migrant“, fuhr er fort. „Ich komme aus Holland. Aber ich lasse mich jetzt einbürgern. Den Test habe ich fast fehlerfrei geschafft.“ Das war natürlich scherzhaft gemeint.

Gregor Stiels erklärte, dass völkischer Nationalismus nicht vereinbar sei mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild. Der Vorsitzende des Katholikenausschusses für die Stadt Köln verlas eine Erklärung, die die deutsche Bischofskonferenz kürzlich einstimmig verabschiedet hat. Darin wird die AfD als für Christen nicht wählbar bezeichnet. „Zum ersten Mal seit langem bin ich mal wieder stolz auf meine Kirche“, sagte Stiels im Schatten von St. Gereon. Von dort zog die Versammlung über die Nord-Süd-Fahrt zur Bastei auf der für den Autoverkehr gesperrten Rheinuferstraße.

Auf der Bühne berichtete Mustafa Cözmes, Betriebs- und Aufsichtsrat der Ford-Werke, dass auch dort die Bänder still gestanden hatten. „Bei uns arbeiten 15.000 Menschen aus über 50 Nationen. Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung haben bei Fort keinen Platz. Wenn Remigration Wirklichkeit würde, könnte in Köln kein einziges Auto mehr gebaut werden.“

Dr. Witich Roßmann, Ex-IG-Metall-Chef in Köln, kündigte Danielo Meier an, Betriebsrat von Leybold: „Die bauen Maschinen, mit denen man das Nichts produziert: Vakuumpumpen.“

„Wir haben das Wort Respekt nachgestellt. Das war schon mal ein schöner Aufschlag“, berichtete Ute Hinz, Leiterin der Michael-Ende-Grundschule in Ehrenfeld, von einer Kundgebung gegen Rassismus mit Schülern aus 21 Schulen vor dem Bezirksrathaus an der Venloer Straße.

Auch Anja Weber, Vorsitzende des DGB in Nordrhein-Westfalen war zur abendlichen Abschlusskundgebung gekommen. „Wenn du dich nicht um mich kümmerst, verlasse ich dich: deine Demokratie“, mahnte sie. „Wir stehen auf für die Demokratie. Unsere Alternative ist Solidarität. Unsere Alternativ ist bunt, nicht braun. Niemand, der hier lebt, soll Angst haben müssen, weil er anders ist.“

Weber erinnerte an die Gewerkschafts-Initiative „Mach meinen Kumpel nicht an“, die sich gegen Ausländerfeindlichkeit gerichtet habe. „100 Rechtsextreme arbeiten im Bundestag für die AfD-Abgeordneten. Das ist ein Skandal und muss schnellstmöglich ein Ende haben. Wir unterstützen mit Steuergeldern die Feinde der Demokratie. Im Übrigen gehören Rechtsextreme auch nicht auf Podien und in Talk-Shows.“ Es gelte, Haltung zu zeigen in den Betrieben, Schulen und im Alltag. „Und eines sollte jeder wissen: Wenn die AfD-Forderung nach Austritt aus der EU umgesetzt würde, kostete das allein in Nordrhein-Westfalen 500.000 Arbeitsplätze.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann

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