Diakoniespende 24/25 – Kölner Autor Richard Bargel: „Der Vringstreff ist für das Severinsveedel wirklich wichtig“
Richard Bargel kämpft noch mit den letzten Auswirkungen einer Erkältung, als er das Publikum im Vringstreff zu seiner Lesung mit Musik begrüßt. „Es kann sein, dass ich zwischendurch huste“, sagt er und erhält als Antwort, das sei komplett okay. „Eine belegte Stimme ist gut für den Blues“, ruft ein Zuhörer und lacht. Und schon ist da wieder diese besondere Haltung, die den Vringstreff so außergewöhnlich macht: Der Umgang miteinander ist ehrlich und sehr freundlich.
In diesem Jahr ist dieser Begegnungsort im Severinsviertel Empfänger der Diakoniespende des Kirchenverbandes Köln und Region, der bis zu einem Spendenaufkommen von 100 000 Euro die Summe verdoppelt.
Die Gäste reden und lachen, dann erklingen die ersten Gitarrentöne. Richard Bargel ist mittlerweile 73 Jahre alt, steht seit mehr als 50 Jahren als Blues-Gitarrist und Sänger auf der Bühne. Er spielt Theater, ist Lyriker, Fotograf, Zeichner und Autor und sehr gerne im Vringstreff.
Von fast jeder dieser vielen kreativen Facetten gibt es heute ein bisschen im voll besetzten Vringstreff. Und es gibt schonungslose Offenheit. Denn der Kölner erzählt von einer schrecklichen Kindheit, die harmlos mit „Es war einmal ein kleiner Junge im Netz aus Träumen und Fantasie“ beginnt. Es ist eine Geschichte, die in Missachtung und Missbrauch mündet, die von der Kraft der Musik erzählt, und schließlich von einer Alkoholsucht, die den kleinen Jungen Jahre später fast umbringt. Das alles ist nicht leicht zu ertragen. Besonders die Schilderungen der sexuellen Übergriffe, die der kleine Junge erleidet, die aber von den Eltern ignoriert und totgeschwiegen werden, machen betroffen. Als der Vater endlich stirbt, ist der Junge 14 Jahre alt, kann keine Träne weinen, aber wieder aufrecht gehen – der permanente Schmerz im Magen, der ihn krümmte, ist endlich weg.
„Es wird heiterer“, verspricht der Autor, als es gerade sehr düster ist. Und dann erzählt er im zweiten Teil des Abends von den wunderbaren Effekten der Blues- und Folkmusik, vom Entzug, der erfolgreich war und davon, nun seit 24 Jahren trocken zu sein. Er erinnert sich an Zeiten, als er mit zwölf Jahren lernte, Gitarre zu spielen, blickt auf seine Zeit mit Klaus, dem Geiger zurück und verrät, dass er in Großbritannien mit Elvis Costello spielte. Der inzwischen Erwachsene erfährt „Musik heilt die Seele“. Dass durch den Erfolg aber auch Stress kommt, der wiederum zum Alkohol führt, ist die Kehrseite. „Seit 2000 bin ich trocken wie ein Staubsaugerbeutel“, sagt er, sehr zum Amüsement des Publikums.
Zwischen den biografischen Passagen liest der Kölner Texte aus seinem Buch „Ein Werwolf hockt im Kreidekreis, heult leise blaue Lieder“. Und dann gibt es auch noch ein bisschen Blues aus dem aktuellen Album „Dead Slow Stampede“. Der Musiker spielt zum ersten Mal solo, ohne Band, das Stück „Risk and Chances“ und bekommt viel begeisterten Beifall. Langsam geht der Abend zu Ende, die Gäste haben Gelegenheit, noch ein bisschen mit dem Künstler zu plaudern und verabschieden sich schließlich mit vielen tiefgehenden Eindrücken.
Wie kam es zu ihrer Verbindung mit dem Vringstreff?
Richard Bargel: Ich wohne in unmittelbarer Nachbarschaft und vor einigen Jahren hat der Maler und Bildhauer Cornel Wachter, der dem Vringstreff auch schon sehr lange verbunden ist, mich quasi hier eingeführt. Es ist gleich ein sehr schönes Verhältnis entstanden. Ich bin schon mehrfach hier aufgetreten und habe Anfang des Jahres einen Teil meiner Fotos aus dem Buch „1111 Augenblicke – Pandämonische Szenenbilder aus Köln“ gezeigt.
Was macht den Vringstreff besonders?
Richard Bargel: Der Vringstreff ist für das Severinsveedel wirklich wichtig, denn hier treffen sich Menschen – egal welchen schwierigen oder auch glücklicherweise nicht so problematischen Hintergrund sie mitbringen – auf Augenhöhe. Auch das Angebot, für einen geringen Betrag, etwas Gutes zu essen, ist toll. Jeder kann kommen, man trifft sich, lernt sich kennen. Alle Gäste werden mit großem Respekt behandelt und können eine kleine Auszeit genießen. Das gefällt mir sehr.
Warum sollte man für den Vringstreff spenden?
Richard Bargel: Weil er eine einladende Atmosphäre hat und weil Menschen hier nicht nur aus ihrer Isolation herausfinden können, sondern auch ganz praktische Hilfe erhalten, wenn sie das möchten. Es ist ein offener, ein freier Ort mit einer wunderbaren Atmosphäre. Ich bin relativ regelmäßig hier und fühle mich immer sehr wohl.
Text: Katja Pohl
Foto(s): Matthias Pohl
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