„Gott ist meine Zuversicht. Bei ihm kann ich mein Herz ausschütten“
Superintendentin Andrea Vogel führte Pfarrer Torsten Krall in sein Amt als Synodalassessor ein
Das war knapp. Aber nach zehn Minuten war dann alles gut. Pünktlich zum Gottesdienstbeginn prasselte ein Regenschauer auf die Festversammlung auf der Wiese neben der Tersteegenkirche. Doch kaum hatten zahlreiche Helferinnen und Helfer eine erstaunliche Anzahl von Schirmen aus dem Gemeindezentrum geholt und verteilt, lichteten sich die Wolken und präsentierte sich das Wetter dem Anlass angemessen:
Einführung des Synodalassessors Torsten Krall
Superintendentin Andrea Vogel führte den Dünnwalder Pfarrer Torsten Krall in sein Amt als Synodalassessor des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch ein. „Es sind schon merkwürdige Zeiten“, kommentierte Vogel den Segen, den sie Krall mit Maske spendete. Ungewöhnlich war auch die Wahl Kralls.
Weil wegen Corona keine Präsenz-Synode im Frühjahr möglich war, hatten die Synodalen den Dünnwalder Pfarrer per Briefwahl zum Stellvertreter der Superintendentin gewählt. „Torsten Krall wird Termine für mich wahrnehmen, wenn ich nicht kann“, beschrieb Vogel eine der Aufgaben ihres Stellvertreters.
„Der Kirchenkreis wird geleitet von der Kreissynode und seinem Kreissynodalvorstand. Darin arbeiten drei Theologen und sechs Ehrenamtliche.“ Vogel nannte den Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch sehr heterogen. Es gebe Gemeinden, die in Köln lägen, im Bergischen Kreis und sogar im Oberbergischen Kreis. Wichtig sei, dass man als Team arbeite. „Wir müssen die Begabungen teilen.“
Geschichten und Perspektiven
Die Kirche befände sich mitten in einem Veränderungsprozess. „Dessen Dynamik ist manchmal schneller, als wir erwartet haben“, sagte die Superintendentin. Angesicht von Corona müsse man fragen, wie Veränderungen sinnvoll zu nutzen seien. Zuversicht sei wichtig. Vogel zitierte aus Psalm 62: „Gott ist meine Zuversicht. Bei ihm kann ich mein Herz ausschütten.“ Und aus Johannes 5,14: „Und dies ist die Zuversicht, die wir zu ihm haben, dass er uns hört, wenn wir etwas erbitten, das seinem Willen entspricht.“ Torsten Krall predigte über Lukas 18,9-14. Das ist die Geschichte vom Pharisäer und dem Zöllner. „Wir haben uns den Zöllner schön geredet“, eröffnete der Pfarrer die Predigt. Im Sinne vom Höhner-Lied „Der liebe Gott weiß, dass ich kein Engel bin. So‘n kleiner Teufel steckt doch in jedem drin.“
Der Zöllner erscheine immer als bescheidener Außenseiter. Außerhalb des Tempels sei er jedoch ein anderer gewesen. „Heute würde man vielleicht sagen: er war ein korrupter Finanzbeamter, der den Leuten völlig willkürlich Steuern auferlegte, die er auch noch komplett in die eigene Tasche gesteckt hat“, fuhr Krall fort. Und den Pharisäer habe man sich zu einer Hassfigur ausgemalt. Fett, protzig, Geld in der Hand. Aber wer zwei Tage pro Woche faste, werde nicht dick. Außerhalb des Tempels seien die Pharisäer angenehme Zeitgenossen gewesen, so der Pfarrer.
Ehrlich, treu und spendabel. „Im Tempel verändert sich die Lage und die Sichtweise. Als sie den Tempel betraten, als sie in die Geschichte von Jesus gerieten, als sie in unsere Geschichte mit der Geschichte gerieten, wurden sie verkleidet, in andere Zeiten versetzt.“ Damit kenne man sich aus im Rheinland. „Und vielleicht verbindet die Geschichte von Jesus und der rheinische Ausnahmezustand auch eine gemeinsame Sehnsucht. Die Rangfolgen und Reihenfolgen, das Oben und das Unten, selbst das Gut und Böse gelten nicht mehr.
„Der Ausnahmezustand ist Normalität”
Vielleicht steckt hinter der Geschichte von Jesus und den Regeln des rheinischen Frohsinns der gleiche Wunsch: Wenn es ums Feiern geht, sind alle gleich wichtig“, warf Krall auch einen Blick in die jecke Seele, die aktuell arg leidet. Mal trage man die Klamotten des Zöllners, mal die des Pharisäers. Unter der Verkleidung dürfe man im Tempel sein, wie man sein wolle. „Das ist tatsächlich eines der großen Versprechen des Karnevals, vor allem aber ist es die große Verheißung dessen, der uns diese Geschichte erzählt hat und der uns hier zusammen gerufen hat.
Aber es gibt einen großen Unterschied. ,Am Aschermittwoch ist alles vorbei‘ gilt hier nicht.“ Denn Jesus habe versprochen, dass der Ausnahmezustand die Normalität sei. Das Reich Gottes sei schon da. Nicht immer sei es zu sehen, aber in Wahrheit trügen alle schon ganz andere Kleider. „In Wahrheit guckt Gott uns an und sieht weder Pharisäer noch Zöllner, sieht weder Sünder noch (Selbst-)Gerechte, er sieht Kinder. Und darum folgt im Lukasevangelium auf die Geschichte vom Pharisäer und Zöllner die Geschichte von Jesus und den Kindern mit der Aufforderung: Werdet wie die Kinder!“
Einen Wunsch hatte Pfarrer Krall zum Schluss: „Die kindliche Freiheit, mich auch zum Narren machen zu dürfen, mich nicht immer zu ernst nehmen zu müssen. Wirkliche Narrenfreiheit zu genießen, wenigstens hier, wenn wir feiern.“ Nun gut, zum Narren machte sich beim anschließenden Sekt- und Saft-Empfang keiner. Aber gefeiert wurde trotzdem.
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK
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