„Gott macht auch krumme Wege gerade“: Pfarrer Achim Dehmel entpflichtet

Abschied nach 32 Jahren: Christoph Stappert ordnete die Bedeutung des Tages für die Gemeinde gleich zu Beginn dem Anlass entsprechend ein: „Man muss ja mit dem Begriff historisch ein wenig vorsichtig sein. Aber der heutige Tag ist für die Gemeinde ein kleiner Quantensprung.“ Mit diesen Worten begrüßte der Vorsitzende des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach die Besucherinnen und Besucher des Entpflichtungsgottesdienstes von Pfarrer Achim Dehmel in der Kirche zum Heilsbrunnen. Aber ohne ein Schmunzeln sollte es dann doch nicht gehen. „Das längste Pontifikat in der katholischen Kirche dauerte 31 Jahre und acht Monate. So lange amtierte Papst Pius IX. Oder weltlich betrachtet: Lieber Achim, du hast eine längere Amtszeit als Helmut Kohl und Angela Merkel zusammen.“

Achim Dehmel wollte das Ganze nicht so hoch hängen. „Es soll kein Abschiedsgottesdienst werden. Wir werden Euch alle mitnehmen in unseren Herzen. Es soll ein Fest werden für uns alle.“ Der scheidende Pfarrer lud alle in sein neues Zuhause in Konradsheim. Das ist ein Stadtteil von Erftstadt. Dort baut Dehmel gerade ein Haus für seine Frau Barbara und sich um. Sein Dank galt der Gemeinde: „Ich bin so froh, dass Ihr in dieser Zeit, in der ich hier war, meine unkonventionelle Art, spontan zu sein, meine Frömmigkeit und all das, was ich mitgebracht habe, ertragen und mitgetragen habt. Dass wir gemeinsam doch eine sehr lebendige Gemeinde sein konnten. Zumindest für evangelische Verhältnisse. Ich vergleiche uns manchmal mit der Freikirche, weil ich der Freikirche emotional und vom Glauben her sehr nahe stehe. Ich wünsche mir so sehr, dass dieser Heilsbrunnen noch stärker Leib Christi wird und noch viel stärker Jesus Christus in den Mittelpunkt nimmt. Und dass Ihr Gott feiert, was das Zeug hält.“

„Was also tust du mit der Gnade, die Gott dir geschenkt hat?“

Dehmel predigte zum Abschied über die Texte 2. Korinther 6 und Johannes, 14. „Was Paulus da über sich sagen kann, kann ich nicht über mich sagen. Aber ich kann sagen: Folgen wir Jesus nach. Wir tun es aus Leidenschaft, aus Liebe und Dankbarkeit. Wir kennen die Erlösung und sind befreit und beschenkt“, fasste Dehmel eine Grundformel seines Glaubens zusammen. Es gelte im Glauben, nicht nach dem menschlichen Verstand zu handeln, sondern Jesu Christi Ruf zu folgen: „Und wenn ich das so formuliere, ist das tatsächlich manchmal ein Gegensatz.“ Paulus habe an die Gemeinde von Korinth geschrieben, sie solle Acht geben, dass sie die Gnade Gottes nicht vergeblich empfange. „Was also tust du mit der Gnade, die Gott dir geschenkt hat? Wie lebst du sie? Wie machst du sie lebendig? Wie feierst du das Leben und tust deinen Mitmenschen Gutes?“ Die Menschen lebten in dem Vertrauen, dass Gott aus ihren Schwächen Gutes machen könne, so der Pfarrer. „Das war immer meine persönliche Überzeugung, denn ich bin und war mir meiner Schwächen immer bewusst. Gottlob auch meiner Stärken, denn davon gibt es auch ein paar. Gott macht auch krumme Wege gerade.“

Dehmel beschwor die Gemeinde: „Ich möchte euch heute noch einmal ganz herzlich bitten. Stellt euch ganz in den Dienst Jesu. Erlebt die Freiheit, ihn zum Mittelpunkt eures Lebens zu machen. Denkt nicht, was für eine Zeit investiere ich hier. Denkt nicht, was für einen Verzicht leiste ich dafür, dass ich mich in der Kirche und im Glauben engagiere. Was bin ich doch für ein guter Christ. Denkt das nicht. Und lasst uns auch nicht der menschlichen Schwäche folgen, bedeutsam für andere sein zu wollen. Es schwächt dich, wenn du sagst: Welchen besonderen Wert hat meine Arbeit für dies Gemeinde? Es schwächt dich, denn wenn du so denkst, denkst du nicht so wie Jesus, sondern folgst dem Bedürfnis nach Anerkennung. Und das ist der Führer deines Handelns. Ich gestehe, dass ich vor diesen Gedanken auch nicht gefeit bin.“

Jedenfalls, räumte der Pfarrer ein, hätten ihn die Abschiede von den Konfirmanden und den Schulen, insbesondere vom Nicolaus-Cusanus-Gymnasium, und die vielen Briefe sehr berührt. „Ich war beschenkt und fühlte mich so ein bisschen erhoben. Aber gleichzeitig weiß ich ganz genau: Das, was ich getan habe, hat Jesus durch mich getan. Wenn etwas bedeutsam von dem, was ich tat, für dich oder für die Kirche gewesen sein sollte, dann wegen Jesus, der mich in diesen Dienst berufen hat.“

„Jetzt kommt das, was für Achim Dehmel das Schwierigste am heutigen Tag ist“, sagte Superintendentin Andrea Vogel zu Beginn der Entpflichtungs-Handlung. Er habe die Entpflichtung, wie man dem Gottesdienst-Blatt entnehmen könne, außerhalb des Gottesdienstes gelegt. „Ich kann es verstehen. Ich will diesen letzten Gottesdienst in meiner Gemeinde alleine machen. Darauf habe ich gesagt: Ich kann das verstehen. Aber wir machen es anders“, sagte die Superintendentin mit einem Schmunzeln. Weil die Entpflichtung halt den Regeln gemäß in den Gottesdienst gehöre. Sie kenne keinen Pfarrer, der so oft das Wort „bauen“ in den Mund genommen habe. Gelächter im Publikum. „Als Bauherr und Handwerker auf der Baustelle Gottes bezeichnet man dich in der Einladung. Wieviele Projekte hast du angestoßen. Und wenn das irgendwie nicht funktionierte, hast du gesagt: Dann baue ich das selbst.“

Bauen habe er aber oft auch im Sinne von „Gemeinde bauen“ gemeint. Und er habe das große Glück gehabt, dass seine Frau Barbara mitgebaut habe. Das Wichtigste bei einer Baustelle sei der Grund. „Und deshalb möchte ich dir gerne das Wort aus dem 1. Konrinther, 3. Kapitel, 11. Vers zusagen: Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann

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