Melanchthon-Akademie: Leonore Kampe geht in den Ruhestand
Die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) Stommeln darf sich auf ein hoch motiviertes Mitglied freuen. Denn Leonore Kampe hat ab jetzt Zeit, sich intensiv zu kümmern. Sie wurde nämlich mit einem rauschenden Fest in der Melanchthon-Akademie in den Ruhestand verabschiedet. „Abschiede können die gut“, sagt sie im Rückblick auf die „tolle Feier mit vielen Gesprächen und Musik“. Jetzt also Solawi in Stommeln. Dort tragen 100 private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen Ernteertrag erhalten. Dabei wird der landwirtschaftliche Betrieb und nicht das einzelne Lebensmittel finanziert. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Bereitschaft, an einigen Tagen im Jahr mitzuarbeiten.
Leonore Kampe wird sich um die Koordination dieser Arbeit kümmern. Koordinieren, das war immer ihr Ding. 32 Jahre hat sie bei der Melanchthon-Akademie alles Mögliche koordiniert. Im Studium hat sie ein Chemie-Diplom gemacht und dann Deutsch und Chemie auf Lehramt hinzugefügt. Aber statt Schülerinnen und Schülern das Periodensystem der Elemente näher zu bringen, zog es sie in den Journalismus. Die Stadt-Revue, der Stadt-Anzeiger und auch der WDR waren ihre Auftraggeber. Zudem besuchte sie Radio-Kurse des Gemeinschaftswerks der evangelischen Publizistik.
Riesiges analoges Studio
Und so unergründlich wie die Wege des Herrn sind manchmal berufliche Karrieren. Plötzlich war Leonore Kampe Beauftragte des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region für den Bürgerfunk. Zunächst unter dem Dach der Pressestelle, dann in der Melanchthon-Akademie. „Die Journalistenkurse, die wir in der Kartause angeboten haben, waren für die Verwaltung des Verbandes schon eine echte Herausforderung“, erinnert sie sich. Die Mitarbeitenden waren an Arbeitszeiten zwischen neun und 17 Uhr gewöhnt. Die Kurse fanden abends und am Wochenende statt. Vom Deutschlandfunk bekam der Kirchenverband ein riesiges analoges Studio, das Leonore Kampe und ein Techniker für die Bürgerfunksendungen der Gemeinden, Konfirmandengruppen und sonstigen Interessierten aus dem evangelischen Dunstkreis im Haus der Evangelischen Kirche installierten.
„Das war ein tolles neues Zentrum“
Das Zwei-Säulen-Modell für den Privatfunk war damals eine Idee der SPD-Landesregierung. Bürger bekamen eine Stunde Sendezeit pro Tag zur Verfügung gestellt. Die Landesregierung stellte auch Geld zur Verfügung. Die Anfangseuphorie war groß. Erst recht nach dem Umzug ins neue Komed im Mediapark. „Das war ein tolles neues Zentrum“, erinnert sich Leonore Kampe an die Zeit, in der auch der Musiksender Viva im Mediapark seine große Zeit erlebte. Leonore Kampe bot ihren ehrenamtlichen Radiomachern Kurse wie „Schreiben fürs Hören“ und Sprechschulungen mit dem renommierten Trainer Lutz Göhnermeier an. Anfang der 2000er Jahre flaute das ab. Grund war der technische Fortschritt. Da konnten die Bürgerfunker alles am Küchentisch machen. Auch die Hörerzahlen sanken. Die Bürgerfunksendungen liefen ursprünglich um acht Uhr morgens. Das Interesse bei den Zuhörenden war groß.
Als der Bürgerfunk in die Abendstunden auf 21 Uhr geschoben wurde, war der Boom vorbei und Leonore Kampe widmete sich anderen Projekten, nämlich gut finanzierten EU-Projekten. Bei einem stand am Anfang die Frage Pate, wie man kulturfernen Menschen Kultur nahe bringt. Leonore Kampe arbeitete mit zwei Punks, Menschen aus einem besetzten Haus in Ossendorf und Frauen aus dem Görlinger Zentrum in Bocklemünd. Zum Projekt gehörten Gruppenreisen zu den europäischen Bildungspartnern in Palermo, Avignon und im dänischen Aalborg und deren Besuche in Köln.
Leonore Kampe hat mit einem digitalen Mitmachspiel zum Kölner Kirchentag die heute so beliebten Selfies vorweggenommen. Beim Kirchentag 2007 verteilte sie buntbedruckte und -beschriftete Pappkartons an die Kirchentagsbesucher. Damit wurden die Gäste aufgefordert, besondere Fotos von sich in Köln zu machen. Anlass war das „Abrahamsprojekt“, das Abraham als Stammvater der drei abrahamitischen Religionen in Köln verortete. Die Besucher fotografierten sich an ihren touristischen Abrahamsorten, während sie sich den Papp-Rahmen vor das Gesicht hielten. Die Fotos luden die Porträtierten dann ins Netz.
Sie erfand die sogenannten „Kulissengespräche“
Schließlich übernahm Leonore Kampe die Leitung des Fachbereichs Kultur der Melanchthon-Akademie und setzte schnell eigene Akzente. Sie erfand die sogenannten „Kulissengespräche“ mit der damaligen Kölner Schauspielintendantin Karin Beier und deren Dramaturgin Rita Thiele. Anlässlich aktueller Inszenierungen wurden Menschen zu Gesprächen eingeladen, die thematisch einen besonderen Bezug zu den Stücken hatten und die Inszenierung daher aus eigener Sicht kommentierten. Auch das „Kulturfrühstück“ ist eine Erfindung von Leonore Kampe. Dabei werden kulturelle Seiten von Köln gezeigt, die nicht dem Mainstream zugerechnet werden. Immer noch fasziniert erzählt sie über eine psychologische Bildbetrachtung mit einem Experten von der Kölner Universität. Thema im Museum Schnütgen war ein mittelalterliche Darstellung von Christus am Kreuz.
„Ein Näschen für Themen“ habe man ihr zum Abschied attestiert, sagt sie. So hatte sie mit einer Tagung auch das genossenschaftliche Wohnen im Alter an die Akademie gebracht, das bis heute dort als „Wohnschule“ im Programm ist. Und um Hühnerhaltung in Privathaushalten. Und ab jetzt um die solidarische Landwirtschaft.
Text: Stefan Rahmann/APK
Foto(s): Stefan Rahmann/APK
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