„Nacht der Liebenden“ mit Segen: „Ganz, ganz toller Abend“
Romantische Stimmung: Ein Candle-Light-Dinner mit der oder dem Liebsten. Sorgfältig wie liebevoll eingedeckte Tische, auf denen farbenfrohe Blumen die Sinne erfreuen. Schmackhafte Speisen und Getränke. Und im Hintergrund musikalische Untermalung. Nichts Ungewöhnliches am Valentinstag. Hingegen speziell ist ein solches Arrangement dann, wenn man es in einer Kirche antrifft. So herrschte zuletzt in der Friedenskirche der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein eine „einmalige Atmosphäre“.
Zum „Fest der Liebenden“ ließ sich federführend Pfarrer Sebastian Baer-Henney einen „Abend für Paare und die Liebe“ in der Friedenskirche einfallen. „Wir haben eine fremde Idee neu interpretiert, waren dabei sehr stark an unseren Bedürfnissen orientiert“, sagte Baer-Henney. „Für uns war wichtig, etwas sehr Besonderes zu schaffen.“ Dieses Besondere lag nicht nur darin, zehn Paaren ein italienisches Drei-Gänge-Menü bei Kerzenschein zu zivilen Preisen zu ermöglichen, sie zu umsorgen und ihnen eine schöne Zeit zu bereiten. Das Besondere begründete sich vor allem mit dem Anspruch des Veranstalters und kirchlichem Ambiente. Liebe sei nicht nur schön, sondern Gott selbst die Liebe, erklärte der Pfarrer. „Und Liebe ist daher Gottesdienst. Unsere Aufgabe ist, diese Liebe zu stärken“, nannte er den Grund der Einladung zur „Nacht der Liebe“.
Um den intimen Rahmen zu wahren, war das Angebot auf zehn Paare begrenzt. Angesichts einer deutlich höheren Anmeldezahl musste gelost werden. Zu den Glücklichen zählten Menschen zwischen Anfang zwanzig und Mitte siebzig, hetero- und homosexuelle Paare, Protestanten, Katholiken, Muslime, Kirchenferne…
Man habe zuletzt eine stressige Zeit erlebt, erklärte ein Paar. „Da habe ich gesagt, jetzt ist erstmal Schluss. Zuviel Stress ist ungesund, und jetzt machen wir Mal was Schönes.“ Ein weiblicher Gast schwärmte von einem „ganz, ganz tollen Abend“. Zudem sei er „auch der erste Abend, den wir wieder zu zweit verbringen. Unsere Tochter ist drei Monate alt und ist jetzt mit der Tante Zuhause. Darum ist das noch Mal besonders für uns.“ Andere zeigten sich positiv „sprachlos“. Ein weiteres Paar meinte, dass ihnen auch im Traum nicht eingefallen wäre, am Valentinstag ein Restaurant zu besuchen. Jedoch großartig fanden es die Eltern, nach Einschränkungen und Homeoffice in der Pandemie sowie zuletzt Umzugsstress, in der Kirche einen gemeinsamen Schutzraum zu finden.
Dass die meisten den Verlauf des Abends als unerwartet bezeichneten, bestätigte Baer-Henney in seinem Anliegen. Und erfüllt wurde auch seine Hoffnung, dass einige Gäste das Angebot annahmen, sich anschließend segnen, auch geistig stärken zu lassen. „Was braucht ihr für euch? Für eure Beziehung, was ist euch wichtig?“, fragte der Pfarrer und wünschte den Paaren unter anderem „offene Augen“ füreinander. Ein Paar habe für die Segnung sogar Fotos der verstorbenen Eltern mitgebracht und Baer-Henney sah darin „ein Stück weit Vergewisserung“.
Neue Wege gehen
Mit dem Pfarrer haben vier weitere Menschen aus der Gemeinde den Abend vorbereitet. Und sie haben mit einer einladenden Raumgestaltung, liebevoller Tischdekoration sowie im Service dessen Gelingen erst ermöglicht. „Ich war neugierig auf das Projekt“, begründete eine der Damen ihre Unterstützung. Bevor die ersten Gäste an ihre Tische geleitet wurden, löschte sie das zentrale Kunstlicht, so dass der Schein der Kerzen dominierte. „Das ist dem Anlass angemessen“, sprach die Gemeinde-Gartengruppen-Mitarbeiterin von einer sehr harmonischen und sanften Atmosphäre. Eine Presbyterin nannte als Motivation für ihre Unterstützung zunächst die „einfach tolle Idee“. Sie sprach von ihrer Verbundenheit mit der Kirchengemeinde und von einer guten Entwicklung „auch auf neuen Wegen“. Denn es sei immer einen Versuch wert, neue Wege zu gehen. „Solche Dinge müssen unterstützt werden.“
„Wir bleiben im Viertel und unterstützen es“, betonte die Presbyterin. Das Essen stamme von einer Gastronomie in der Nachbarschaft, die Tische habe ein nahes Café zur Verfügung gestellt. „Schön, dass viele Akteure vor Ort mitgemacht haben“, freute sich Baer-Henney auch darüber, dass die „Blumen vom Laden um die Ecke stammen“. Die kleinen Zweiertische hatte das Organisationsteam locker um einen zentralen großen positioniert. Es handelte sich um den flexibel einsetzbaren runden Altar, der an diesem Abend Kerzen und Speisen trug.
Während die Paare sich zunächst dem eingelegten Gemüse, zum Hauptgang der Lasagne mit oder ohne Fleisch und abschließend dem Tiramisu widmeten, begleitete Ilona Popova mit melodischen Stücken am Klavier. Sie liebe es, Menschen mittels Musik Freude und schöne Momente schenken zu dürfen, begründete die Sängerin und Dirigentin ihr Mitwirken. Popova zeigte sich fasziniert von der Möglichkeit eines solchen Angebotes in einer Kirche. In ihrer Heimat Lettland seien kirchliche Traditionen viel strenger. „Ein solcher Abend würde bei uns niemals stattfinden.“
In Köln-Mülheim schon. Aber es sei nicht so, dass die Gäste ein Entertainmentprogramm erwarteten, so Baer-Henney. „Sie sollten einfach einen schönen Abend für sich haben.“ Einen Abend auch mit Impulsen. „Wir haben vier beschriftete Karten auf dem Tisch, mit denen die Paare sich beschäftigen konnten. Mit denen sie um die Ecke gedachte Fragen stellen konnten zur Beziehung, die sie sich vielleicht sonst noch nicht gestellt haben.“ Ein Beispiel: „Angenommen, Gott würde dir zuhören, was würdest du ihm sagen, was ist ihm an der Person dir gegenüber gut gelungen.“
„Unsere Erwartungen sind insgesamt übertroffen worden“
Ein weiteres primäres Ziel sei es gewesen, den Menschen zu zeigen, „dass die Kirche etwas mit ihrem Leben zu tun hat“, so der Pfarrer. Gerade auch mit Perspektivwechseln könne Kirche ihnen etwas mitgeben. Und es zeige sich, „wenn man relevant für die Leute arbeitet, dann kommen sie auch“. Baer-Henneys Fazit fällt sehr positiv aus. So habe er auch festgestellt, dass die Grenze zwischen den Gästen und Helfenden im Verlauf des Abends „verschmolzen“ sei. „Unsere Erwartungen sind insgesamt übertroffen worden“, kündigte er an, etwas Ähnliches für nächstes Jahr in den Blick zu nehmen.
Einen Radiobericht im WDR über die „Nacht der Liebenden“ findet ihr hier.
Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich
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