Schulstart mit Hindernissen – Archivale des Monats September
Im letzten Monat sind die Schulferien in NRW zu Ende gegangen. Viel wurde darüber diskutiert, wie der Schulstart unter Corona-Bedingungen vonstatten gehen soll, mit oder ohne Maske. Besonders bei so heißen Tagen wie wir sie im August erlebt haben, eine Qual für die Schüler/innen sowie für das Lehrpersonal. Glück gehabt, wenn Unterricht auch an der frischen Luft stattfinden kann, wie es für manche Unterrichtsstunden von Schülervertretungen vorgeschlagen wurde.
Was für Schülerinnen und Schüler in der heutigen Zeit schon fast zum Alltag gehört, dass Unterricht auch im Freien stattfinden kann, war für Schülerinnen und Schüler Anfang des 20. Jahrhunderts keine Selbstverständlichkeit.
Evangelische Elementarschule am Großen Griechenmarkt
Zum Diskussionsthema wurde diese Form des Unterrichts beim Neubau der evangelischen Elementarschule am Großen Griechenmarkt, vorheriger Standort in den Antoniterstr. 27/29. Der Neubau der Schule wurde notwendig, da die Stadt Köln einen Straßendurchbruch von West nach Ost, also Neumarkt-Cäcilienstr, Blindgasse-Hohestr. geplant hatte. Das alte Schulgebäude, errichtet 1871, sollte abgerissen werden.
Das städtische Vorgehen sorgte innerhalb der evangelischen Gemeinde und besonders bei der Elternschaft für Widerstand. Sie forderten einen Ersatzbau bzw. Neubau für das abzureißende Schulgebäude, welches sehr zentral lag und damit gut sowie schnell für Schülerinnen und Schüler zu erreichen war. Dieser Ersatzbau sollte modernen Anforderungen genüge tun und vor allem viel Licht und genügend frische Luft während des Unterrichts ermöglichen. Besonders da der überwiegende Teil der Kinder aus armen Familien stammte, deren Wohnungen meist weder Fenster noch Tageslicht besaßen.
Diese Forderungen sollten darüber hinwegsehen lassen, dass dieser Abriss die evangelische Schülerschaft gegenüber ihren katholischen Schülern benachteiligte. Es gab in Köln mehr katholische Schulen als evangelische Konfessionsschulen und damit auch mehr Möglichkeiten für Eltern ihre Kinder in eine für sie örtlich besser gelegene Schule zu schicken.[1]
Der weite Schulweg zum gr. Griechenmarkt barg auch die Sorge der evangelischen Gemeinde, dass viele Eltern ihre Kinder auf andere näher gelegene, von der Konfession unabhängige, Schulen schicken würden und somit ein Fortbestehen der evangelischen Konfessionsschule in Gefahr wäre. Diese Sorge basierte auch auf dem kurz zuvor stark diskutierten Reichsschulgesetz 1928, welches dem Gemeinschaftsschulwesen einen höheren Stellenwert beimaß als den Konfessionsschulen. Die Umsetzung des Gesetzes scheiterte. Nichtsdestotrotz sorgte sich die evangelische Elternschaft um das Fortbestehen dieser Schulform.
Ein Schulhof auf dem Dach des neuen Schulgebäudes
Es gelang letztlich eine Einigung zwischen der evangelischen Gemeinde, der Elternschaft sowie der Stadt Köln zu erzielen. Die Stadt plante ein neues Schulgebäude für 16 Klassen. Begonnen wurde mit dem Mädchentrakt, der sechs Klassenräume, einen Handarbeits- und einem Hauswirtschaftsraum sowie Frühstücksraum enthielt. Hinzu kamen noch ein Kinderhort, ein Arztzimmer sowie einige andere Nebenräume und die Rektorwohnung. Ein Trakt für die Unterrichtung der Jungen sollte auch folgen. Alle Räume besaßen eine große Fensterfront, die die Zufuhr von frischer Luft sowie Tageslicht garantierte.[2]
Geplant war zudem eine Spielfläche für die Schulkinder auf dem Dach der Gebäude, da der innenliegende Schulhof zu wenig Platz für die Vielzahl der Schülerinnen und Schüler bot. Heute kaum noch vorstellbar, ein Schulhof auf dem Dach des Schulgebäudes. Auf eben jenem Dach sollte auch die Möglichkeit geschaffen werden durch Abtrennung einer bestimmten Fläche Unterricht im Freien stattfinden zu lassen.
Nach einigen Verzögerungen konnte das neue Schulgebäude als Unterrichtsort ab Dezember 1930 benutzt werden.
Alle Darstellungen stammen aus dem Bestand ev. Gemeinde Köln 34-4-1,5 bis,7
[1] Eine Auflistung der evangelischen Konfessionsschulen bietet B. Becker-Jákli: „Fürchtet Gott, ehret den König“, S.280-284.
[2] An evangelischen Konfessionsschulen war eine Trennung der Geschlechter im Unterricht wie an katholischen Schulen meistens nicht der Fall. Gründe dafür waren, dass es zu wenig evangelische Lehrerinnen gab, die die Mädchen getrennt von den Jungen hätten unterrichten können sowie zu wenig Räumlichkeiten.
Text: Stefanie Schensar
Foto(s): Stefanie Schensar
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