Unsere Archivale für Februar – „Darf Kirche Werbung machen?“
„Darf Kirche Werbung machen?“ – Diese Frage – und auch andere Äußerungen – mussten sich zu Beginn der 1990er-Jahre die Initiatoren der Kampagne „misch Dich ein“ anhören. Dabei ging es den Verantwortlichen von vornherein nicht darum, für den Glauben zu werben, vielmehr war das Projekt war als Kommunikationskampagne angelegt. Damit beschritt der Evangelische Stadtkirchenverband (SKV) – der Vorgänger des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region – als erste kirchliche Einrichtung einen neuen Weg. Moderne Kommunikationsmedien und Kommunikationsmethoden sollten den Dialog zwischen evangelischer Kirche und kirchennahen sowie kirchenfernen Personen in Gang setzen. Die Initiative erfuhr von Beginn an (1993) in der bundesweiten Presselandschaft starkes Interesse. 150 Werbeagenturen meldeten sich beim SKV, um das Projekt umzusetzen. Die Agentur Lauk & Partner GmbH aus Frechen setzte sich schließlich durch und erhielt den Auftrag.
Mit provokanten Bildern und Nachrichten wie „Menschenskinder-Orientierung schaffen“ oder „Extra-Klasse Vorurteile abbauen“ oder „Hohl-Kreuz Leben einschalten“ versuchte das Team der Kampagne Menschen anzusprechen und zum Einmischen zu bewegen. Darüber hinaus fand eine Vielzahl an Veranstaltungeen statt: das Abgesandtenforum, der Initiativkreis, Workshops, das Aktionsforum, Plakat-Aktionen sowie das Evangelische Fest, das mit rund 4000 Teilnehmenden einen Höhepunkt darstellte.
Nur Themen von gestern?
In der Kampagnenzeitung „misch Dich ein“ sowie in dem zum Abschluss des Projektes (1994) zusammengestellten Bericht kamen auch kritische Stimmen zu Wort. Die Kritik bezog sich vor allem auf die Themenauswahl, die aus Sicht von einigen kirchlichen Akteuren „nicht realitätsnah“ gewesen sei. Beispielsweise hatte Superintendentin Hannelore Häusler in der zweiten Auflage der Zeitung 1993 geschrieben: „In der ersten Nummer von ,misch Dich ein‘ wurden doch nur Themen von gestern angeboten.“
Zudem schien das gewählte Format zu eng gestrickt, der innere und äußere Druck für einen tiefergehenden Dialog nicht geeignet. Ähnliche Stimmen kamen auch aus den Gemeinden, die rückmeldeten, dass beispielsweise das Bildmotiv des Hohlkreuzes zur Verbildlichung der Transzendenz Gottes von Kindern und Jugendlichen nicht verstanden werde. Ferner seien Plakate an nicht gut sichtbaren Orten aufgestellt worden.
Höchste Auszeichnung der PR-Branche
Eine Auseinandersetzung mit der Kampagne fand in den evangelischen Kirchengemeinden im Verantwortungsbereich des SKV in unterschiedlichem Maße statt. Das ergab eine Umfrage, die von Stadtsuperintendent Manfred Kock zum Projektende initiiert wurde. Manche Gemeinden setzten sich intensiv in Gottesdiensten, Gesprächskreisen und anderen Veranstaltungen damit auseinander. Andere wiederum boten keine Veranstaltungen dazu an. Der Nachhall des Projektes verlief ebenso unterschiedlich.
Die Kampagne wurde dennoch mehrmals ausgezeichnet, beispielsweise 1994 mit dem Preis „Goldene Brücke“, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Public-Relations-Gesellschaft in der Sparte „Konflikt-Kommunikation/Krisen PR“. Und auch in der Wissenschaft diente das sogenannte „Kölner Modell“ als Diskussionsgrundlage und wurde in wissenschaftlichen Beiträgen thematisiert.
Eine Übersicht der vergangenen Artikel finden Sie hier:
Text: Stefanie Sternemann
Foto(s): Stefanie Sternemann
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