„Vielfalt feiern“ – großes Tauffest auf der Rheinwiese am Tanzbrunnen bei strahlendem Sonnenschein
Man muss die Feste feiern, wie sie fallen, vor allem in Zeiten von Corona – diese Grundeinstellung vieler Menschen war auch beim großen Tauffest des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region zu spüren. 196 Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben sich bei strahlendem Sonnenschein an diesem Samstagnachmittag taufen lassen und zusammen mit rund 3.100 Gästen ihre Taufe gefeiert. „Eigentlich wollten wir unsere Tochter vor der Konfirmation fragen, ob sie getauft werden möchte“, erzählte Martina Timm. Aber dann bekam sie einen Brief von der Gemeinde, in dem auf das große Tauffest des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region hingewiesen wurde. Und da hat sie ihre Tochter einfach mal etwas früher gefragt. Die fünfeinhalbjährige Pauline hatte Lust. Und wie! Und dann war es Pfarrerin Astrid Krall-Packbier vorbehalten, das Kind aus ihrer Dünnwalder Gemeinde zu taufen. Dessen Mutter war begeistert: „Das hier ist eine Supersache. Das passt auch wirklich zu uns.“
„Vielfalt feiern“
Die „Supersache“ lässt sich in Zahlen fassen. 40 Pfarrerinnen und Pfarrer, darunter auch Stadtsuperintendent Bernhard Seiger, Projektleiterin und Pfarrerin Miriam Haseleu und Präses Thorsten Latzel, tauften 196 Täuflinge, Kinder und Erwachsene, auf der Wiese neben dem Tanzbrunnen am Rhein. Das Tauffest stand unter dem Motto „Vielfalt feiern“. Rund 3.100 Menschen waren gekommen, um genau das zu tun. Die Voraussetzungen waren fast perfekt, aber auch herausfordernd. Das sonnige Wetter sorgte für hohe Temperaturen. Viele Besucherinnen und Besucher drängten sich daher in den Schatten der am Wiesenrand stehenden Bäume. Dort saßen sie auf Picknick-Decken und genossen das Vorprogramm, das von Ralph Caspers von der „Sendung mit der Maus“ und der Entertainerin Annie Heger moderiert wurde. Für gute Laune im Publikum sorgten die politisch-feministische Musikerin Suli Puschban, die Kindermusik vortrug, und Frau Höpker, die gewohnt fröhlich zum Gesang von jungen und alten Hits bat. Pfarrerin Caroline Schnabel, Krankenhausseelsorgerin an der Uniklinik Köln, leitete die Liturgie des Gottesdienstes und begrüßte die Gäste: „Ich glaube, heute an diesem Tag erleben wir jedenfalls etwas davon, wie Gott ist.“
Astrid Kroll-Packbier erzählte als Lesung die Geschichte der Speisung der 5.000. Darauf bezog sich die Theologin Sarah Vecera von der Vereinten Evangelischen Mission in ihrer Predigt. „All die Menschen um Jesus und nur fünf Brote und zwei Fische. Stellt euch das mal hier und heute vor. Alle würden in Panik ausbrechen.“ Nicht so Jesus. Der sei völlig ruhig geblieben. „Das Wunder besteht daher nicht nur in der Vermehrung des Essens, sondern auch in der Verwandlung der Atmosphäre.“ Dieses Gottvertrauen werde durch die Taufe gefestigt. „Das ist das Wunder. Ihr seid das Wunder. Wir sind das Wunder. Und genau dieses Wunder könnt ihr weitergeben. Nehmt es mit in den Alltag.“ Alle sehnten sich nach einer Gemeinschaft, in der es allen gut gehe und alle satt und fröhlich seien. „Eine Gemeinschaft, in der wir auf uns und unsere Welt Acht geben. So wie heute.“ Und weiter: „Wenn Ihr nur ein wenig von dieser Gemeinschaft, von heute, von dem, wie Jesus auf die Menschen zugegangen ist und voll Gottvertrauen ruhig blieb, mitnehmt, werden wir schon viel verändern können.“
Dann stand der Höhepunkt des Gottesdienstes an, oder besser: Die 196 Höhepunkte. Eine Person pro Täufling holte an einem zentralen Tisch eine Karaffe mit Rhein- oder Leitungswasser ab. Die Täuflinge beziehungsweise ihre Vertreter und Vertreterinnen hatten vorab die Wahl. Und dass das Wasser von Köln gut ist, mussten die Bläck Fööss nicht besonders betonen, die nebenan im Tanzbrunnen den Sound-Check für ihr abendliches Jubiläumsprogramm absolvierten. Die kölschen Protestanten taufen schließlich schon seit Jahrhunderten mit dem ortsansässigen Nass. Viele der 30 beteiligten Gemeinden hatten Taufbecken mitgebracht. Pfarrer Torsten Krall beispielsweise hatte die Taufschale aus Dünnwald per Lastenrad zum Tanzbrunnen transportiert. Er wird am nächsten Tag in sein Amt als Superintendent für den Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch eingeführt werden. In Gruppen mit vier oder fünf Täuflingen tauften die Gemeindepfarrer, nachdem das Wasser aus den Karaffen in die Taufbecken gegossen worden war. Kein Taufbecken? Kein Problem, am Info-Point konnte man eines ausleihen. Auch ein katholisches Exemplar stand dort in guter ökumenischer Anerkennung der Taufe der anderen Konfession zur Verfügung.
„Die Taufe verbindet uns mit Menschen aus der ganzen Welt“
Stadtsuperintendent Bernhard Seiger beschloss den offiziellen Teil der Veranstaltung mit einem Grußwort. „Ich finde den Gedanken toll, dass heute rund 200 junge Menschen Teil der weltweiten Christenheit geworden sind. Die Taufe verbindet uns mit Menschen aus der ganzen Welt.“ Der Tag werde in Erinnerung bleiben. Überall, wo man auf ein Taufbecken treffe, denke man an dieses erinnerungswürdige Fest. „Solche Tauforte gibt es auch an jedem der Orte, an denen wir wohnen. Ob in der Kölner Südstadt, in Dünnwald, Bickendorf oder Brühl. Das sind Kraftorte, die wir als Kirche pflegen. Sie helfen uns, im bunten Leben, das sich ständig wandelt, einen festen Ankerplatz für die Seele zu haben.“
Ein positives Fazit zog auch Miriam Haseleu, Pfarrerin aus Nippes und Projektleiterin des Tauffestes: „Es war toll. Und es hat fast alles so geklappt, wie wir uns das vorgestellt haben.“ Pfarrerin Haseleu hat das Tauffest mit einem Projekt-Team seit zwei Jahren vorbereitet, zu dem unter anderem auch Rolf Emmerich und Hanna Behr von Sommerblut e.V. gehörten. Ein Regie-Team, bestehend aus den drei Pfarrerinnen Miriam Haseleu, Johanna Kalinna und Caroline Schnabel hatte den Gottesdienst und den Programmablauf geplant. Finanziert wurde das Tauffest vom Evangelischen Kirchenverband Köln und Region. Zum Kirchenverband gehören die vier Kölner Kirchenkreise und 54 evangelische Kirchengemeinden in Köln und darüber hinaus.
Für Miriam Haseleu stand der Gedanke der Vielfalt und der Diversität im Zentrum des Tauffestes. „Vielfalt feiern, das bedeutet ein Statement für die evangelische Kirche in der heutigen Gesellschaft“, sagte sie zu diesem Grundgedanken. „Das bedeutet: Wir sind bunt. Wir lieben die Schöpfung in allen Facetten, die auch in der Wasserthematik der Taufe zum Tragen kommt. Wasser gehört zum Kreislauf des Lebens, das uns von Gott geschenkt ist. Deswegen feiern wir hier am Rhein, und deswegen zieht sich die Wasserthematik durch unser Fest.“
Für die Pfarrerin aus Nippes steht fest, dass alle Menschen von Gott so geliebt sind, wie sie sind. Dies gilt für ihre jeweilige Herkunft, Zukunft, für das, was sie gegenwärtig ausmacht, wie sie leben, wie sie lieben und wie sie aussehen. „Das christliche Symbol schlechthin dafür ist das Sakrament der Taufe“, sagt die Pfarrerin weiter. Insgesamt hat das große Tauffest am Rhein ein sehr positives Echo erhalten. Die Leitungsgremien des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region werten das Großereignis in den kommenden Wochen aus und prüfen, in welcher Form die Impulse, die hier gewonnen wurden, in der Zukunft weiter umgesetzt werden. Kleinere Tauffeste in der Region könnten eine Option sein. Weitere Möglichkeiten werden diskutiert.
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK/Sabine Große-Wortmann
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