„Was kommt mit Donald Trump?“: Diskussion im Braunsfelder Forum
Arnd Henze hatte einen Verdacht: „Wahrscheinlich sind deshalb heute so viele gekommen, damit sie das Ganze nicht allein vor dem Fernseher erleben. So ein Abend kann depressiv machen.“ Das Braunsfelder Forum hatte in das Gemeindehaus der Clarenbach-Kirchengemeinde Köln-Braunsfeld eingeladen. Thema des Abends: „Rückkehr ins Weiße Haus: Was kommt mit Donald Trump?“. Auf dem Podium saßen Martina Buttler, frühere ARD-Hörfunkkorrespondentin in Washington sowie Arnd Henze, WDR-Redakteur. Zugeschaltet aus den USA waren John Bellinger, einst Rechtsberater im Nationalen Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten, und Val Demings, von 2017 bis 2023 Abgeordnete aus Florida im Repräsentantenhaus und beteiligt am Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump im Jahr 2020. Die Moderation hatte Viktoria Harbecke vom Amerikahaus NRW als Mitveranstalter des Abends. Zuvor hatten sich die meisten Gäste des Abends im Public Viewing die Amtseinführung angesehen.
Martina Buttler war bei der ersten Inauguration von Trump live vor Ort. Auf Henzes Frage nach ihrem ersten Eindruck von der Amtseinführung antwortete sie spontan: „Melanias Hut.“ Gelächter im Auditorium. Die Rede habe keine Überraschungen enthalten, fuhr Buttler fort. Trump habe der alten Regierung und insbesondere seinem Vorgänger Joe Biden noch einmal kräftig vors Schienenbein getreten. „Auf mich hat er sehr müde gewirkt“, sagte Arnd Henze, der Trump eine „schwere narzisstische Kränkung“ attestierte, weil die Amtseinführung wegen arktischer Temperaturen in der Rotunde des Kapitols stattfand und nicht draußen.
Härter und radikalisierter
Henze hat den neuen Präsidenten „härter“ erlebt als vor acht Jahren. Und radikalisierter. Trump sehe es als Verrat an, dass das Land aus seiner Sicht vier Jahre in illegitimen Händen gewesen sei. Die Vereinigten Staaten seien ein geteiltes Land. Auf der einen Seite stünden die Anhänger von „Make America great again“, auf der anderen die, die das Land angeblich heruntergewirtschaftet hätten. Henze merkte auch an, dass Trump sich bei dieser Rede an das gehalten habe, was auf seinem Teleprompter zu lesen gewesen sei. Er habe angekündigt, illegal Eingewanderte zu verhaften und abzuschieben.
Henze vermutet, dass es zahlreiche Verfahren gegen die Ausweisungen geben wird und die Gerichte völlig überlastet sein werden. An der mexikanischen Grenze werde der Ausnahmezustand erklärt. Dann könnte dort die Armee eingesetzt werden. „Was genau er machen wird, ist im Moment unklar“, erklärte der frühere USA-Korrespondent der ARD. Donald Trump habe angekündigt, sich an allen zu rächen, die ihn 2020 angeblich um seinen Wahlsieg betrogen hätten. Dafür wolle er die Justiz und das FBI zur Waffe machen, aber auch die Medien unter Druck setzen und sie mit Klagen überziehen. „Im religiösen Spektrum beobachte ich eine weitere Verschiebung innerhalb der Christlichen Nationalisten hin zu einem betont maskulinen „Helden-Christentum“, während klassische Evangelikale an Einfluss verlieren. Und die moderaten Kirchen wirken im Moment wie gelähmt – so wie große Teile der Zivilgesellschaft.“
Martina Buttler erinnerte an das Leben von Migranten und Migrantinnen während der ersten Präsidentschaft Trumps. Viele Migranten hätten damals nicht die Tür geöffnet, wenn es geklingelt habe, weil sie Angst vor ihrer Abschiebung gehabt hätten. „Dabei zahlen die Steuern.“ Die Angst, sogar in ihrer Kirche verhaftet zu werden, „war körperlich spürbar, wenn ich mit ihnen gesprochen habe“. Es stellten sich auch ganz praktische Fragen: „Latinos sind die, die Klos reparieren können.“ Martina Buttler berichtete von Bekannten, die in der Vergangenheit Donald Trump kritisiert haben und am Tag nach der Wahl die USA verlassen hätten.
„Wir setzen unsere Arbeit fort“
Val Demings war vor ihrer Zeit im Repräsentantenhaus Polizeichefin in Orlando. Sie äußerte sich vergleichsweise unaufgeregt: „Wir sollten nicht zu sehr darauf hören, was er sagt. Wir sollten schauen, was er tut.“ Auch Henzes Befürchtung, die demokratische Partei werde lange Zeit dysfunktional sein, teilte die Demokratin Demings nicht: „Wir setzen unsere Arbeit fort. Wir müssen unsere Geschichte erzählen.“ Sie persönlich sei nicht beunruhigt. Es gebe viele Amerikaner, die sich Sorgen machten. Aber: „Wenn wir uns zusammenschließen, ist der Himmel die Grenze. Trump ist jetzt vier Jahre Präsident. Öffnen wir Kanäle für die Kommunikation.“ Buttler war beeindruckt von diesem Optimismus: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ Aber dagegen stehe, dass die Republikaner über Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus verfügten und der Supreme Court ihnen mindestens wohlwollen gegenüberstehe. Und es sei ein Riss in der amerikanischen Gesellschaft entstanden. „Früher traf man sich trotz aller Unterschiede in politischen Fragen mit der Familie an Thanksgiving. Und man war sich einig: We agree to disagree. Das ist heute in vielen Familien nicht mehr möglich. Ich kann nur an alle appellieren: Haltet die Gesprächskanäle offen.“
John Bellinger ist „geschockt“, wie radikal die MAGA-Bewegung die Republikaner übernommen hat, „die Partei Lincolns und Roosevelts“. Es sei sehr traurig, dabei zuzusehen, wie Republikaner Dinge tun, die moralisch falsch seien. Die Mehrheit der Republikaner sei mit vier Stimmen knapp. Matt Gaetz sei als Trumps Justizministerkandidat zurückgetreten, weil er im Senat die Mehrheit wohl nicht erreicht hätte. Andererseits: Kash Patel sei der am wenigsten geeignete Mann, um das FBI zu leiten. „Wird er bestätigt, wird er politische Gegner verfolgen. Trump sei in der Lage, viele Regierungsmitarbeitende zu entlassen. „Das macht mir große Sorge“, sagte Bellinger. „Vor allem im Außenministerium. So viele exzellente Leute.“ Und jetzt kämen Nachfolgende, die nach dem Motto handelten: „Warum sollen wir auf Deutschland hören. Die wählen uns doch nicht. In der neuen Regierung muss sich die Erkenntnis festsetzen, dass man viele Dinge nicht allein tun kann.“
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann
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